Samstag, 9. Juli 2011

Auch in Arad wird geboren geheiratet und gestorben

Der herzliche Empfang auf dem Campingplatz in Mako hatte noch einen kleinen Nachsatz: "Heute ist es laut." (So wie die Einrichtung aussah, nicht nur heute) Das wurde es auch: Bis 2:20 war Disko, aber um 4:40 kam irgendein Idiot auf die Idee seine Synthesizer-Musik auf die Anlage zu schalten. Genau laut genug, dass Yvonne weiter schlief, aber ich weitere Zeit hatte, ausführlich über Synthesizer nachzudenken: Dadurch, dass der Ton nicht verklingt, wird er überirdisch - aber dazu ein Takt, der den Zuhörer wie einen Nagel behandelt: Er schlägt solange auf den Kopf, bis der Nagel im Boden verschwunden ist. Kurz: eine Musik, der der Rhytmus, jene feine Variation des Taktes, die Musik künstlerisch und lebendich wirken lässt, fehlt. Der Hörer wird also zwischen Melos und Takt zerrissen.

Immerhin waren wir früh auf den Beinen und heute bei der drohenden Hitze bereits um 8:30 auf Achse Richtung Ost: Rumänien, Arad. Aber in Arad sah ich so aus.

So setzten wir uns also noch morgen"frisch" in Bewegung und landeten vor der Rumänischen Grenze beinahe in einer Polizeikontrolle. Glücklicherweise gabe es noch vorher einen Rechtsabbieger, den wir kurzerhand einschlugen. Tatsächlich führte dieser Weg schliesslich auf den Damm der Muesch, die ganz Silvanien entwässert. Der Weg wurde immer unwegsamer (=Radwandern) Und auf einmal: Bumms! Ein Loch so gross wie das Vorderrad -wir haben lieber kleinere oder grössere, aber nicht gerade diese! Yvonnes Knöchel schmerzte und ich biss in ihren Helm. War glücklicherweise beides harmlos. So kamen wir schliesslich an die Grenze zwischen Ungarn und Rumänien. Da ich vor 20 Jahren schon mal über diese Grenze gekommen bin. (Näheres im nächsten Post) beginnen sich Vergleiche aufzudrängen. Die Grenze damals führte zu einer langen Schlange mit vielen Kontrollen, diesmal kamen wir zwar schüchtern, aber da sich keiner für uns interessierte, fuhren wir einfach durch.

Die runänischen Fernstrassen haben einen Seitenstreifen und sind nur für Fuhrwerke und Traktoren verboten. Der Streifen reicht auch, wenn sich zwei LKW's begegnen, um noch daneben fahren zu können. Unterwegs stiessen wir immer wieder auf sog. "Zigeunerpaläste".


Arad hat sich in den 20 Jahren immerhin etwas gemacht: Die riesen Schlaglöcher in den Strassen sind jetzt einem anständigen Belag gewichen, aber die Wohnsilos sind kaum besser geworden.

Immerhin wollten wir diesmal uns nicht nur mit dem triesten Eindruck von Arad, den uns alle schon berichteten, davonfahren und suchten die Innenstadt, die man sonst verpasst. Und da gab es tatsächlich auch Sehenswerte alte gewaltige Paläste, teils fein herausgeputzt, teils noch ziemlich verfallen.

Im Park (alte Männer sassen dort und Spielten Schach und Karten miteinander) neben dem Standesamt lief eine Braut nach der anderen zum Fotoschooting. Es wird also tüchtig geheiratet, (fast) alle jungen Frauen sind schwanger und es wird gestorben: Als wir in die Hauptstrasse einbogen, gab es gerade einen Unfall mit Todesfolge. Etwas schweigsam pedalten wir aus Arad heraus und trafen noch auf einnen weiteren Unfall. Mittlerweile waren es 38°C. An einer Tankstelle wurde eine 2L Flasche Sinalko gebodigt und an der Luftanlage gab es auch noch eine Pistole zum Kühlwasser nachfüllen. Ebenfalls haltende feine Italiener staunten nicht schlecht, als sie sahen, dass wir das Ding einfach als Dusche in voller Montur misbrauchten. Ihnen hatte die Hitze auch zugesetzt: Sie waren tüchtig am streiten.

Weiter gings bis Paulis zum Campinplatz. Ein kleines abgelegenes Idyll. Wir kamen dann mit dem Besitzer ins Gespräch und er erzählte uns, dass er seinen früheren Beruf Konstrukteur aufgegeben hat und sich nun für Runänische Findel-Kinder einsetzt (und 13 adoptiert hat) Einige hatte er auch auf dem Zeltplatz. Das gab ausführlich Gelegenheit über Lipova und meine Erfahrungen mit meinem Sohn zu reden. Einbewundernswürdiger Mann, der hier wirklich etwas bewegt!

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